Notizen |
- Gertrud Brostowski: Vom Gutshaushalt zur Ostpreußischen Mädchengewerbeschule. In: Leben in Ostpreußen, Erinnerungen ausneun Jahrzehnten, München: Gräfe und Unzer 1963
Angeregt von Selma Berend, Berlin, gründete Pauline Bohn 1890 den „Königsberger Verein Frauenwohl“ mit einer Fülle vonregionalen Frauenwohl-Untervereinigungen in Ostpreußen.
Auszug aus der Satzung des Vereins:
„Der Verein tritt für die höherend weitere Bildung des weiblichen Geschlechts auf wissenschaftlichem, gewerblichem undwirtschaftlichem Gebiet und für die Rechte der Frau ein“.[9]
Siebzig Damen meldeten sich 1890 zur Gründung der Ortsgruppe Königsberg. Als eine der ersten Maßnahmen bestimmte PaulineBohn eine hauswirtschaftliche Ausbildung für Gymnastinnen. Alsbald wurde hierfür die „Cecilienschule“ (bis 1909)genutzt. Die Schule hatte die Berechtigung, Lehrerinnen für Hauswirtschaft und weibliche Handarbeiten auszubilden. Sieführte Vierteljahreskurse für Kochen, Nadelarbeit und Bügeln durch. Den ersten Kurs mit 34 Mädchen leiteteGymnasialprofessor Georg Ellendt (1840–1908), der auch den Lehrplan hierfür ausgearbeitet hatte. Die Cecilienschule(auch Cäcilienschule) des Vereins ging – gemeinsam mit der Ostpreußischen Haushaltungsschule von Luise Hippel und denGeschwistern Popp – am 1. Oktober 1909 in die Ostpreußische Mädchengewerbeschule (OMGS) am Roßgärter Markt über. ErsteDirektorin war Gertrud Fuhr, gefolgt von Marie Therese Gosse.[10] Da der alte Bau am Roßgärter Markt in den 1920erJahren zu eng wurde, übernahm die Stadt im Februar 1928 vom Verein die Aufgabe, einen Neubau zu realisieren. Dasseinerzeit höchst moderne Gebäude der neuen OMGS wurde im Bauhausstil von dem Architekten Hanns Hopp errichtet.[11]
Eine weitere Maßnahme war die „Schulung gebildeter Frauen in Krankenpflege in den Universitätskliniken“.[12] Im Frühjahr1893 wurde Bohn in die Vorbereitungsausschuss-Kommission für die im gleichen Jahr stattfindende Weltausstellung inChicago gewählt, in deren Generalversammlung der Aufbau eines „Bundes Deutscher Frauenvereine“ (BDF von 1894 bis 1933)angeregt wurde.[13] Schließlich gelang es Bohn, alle 32 regionalen Frauenwohlvereinigungen, juristisch klar definiert,in den „Verbandder Königsberger Vereine“ zu integrieren und 1914 zu überführen in den „Königsberger Hausfrauenbund“.
http://archiv.preussische-allgemeine.de/1970/1970_07_18_29.pdf :
Gertrud Brostowski 80 Jahre Die letzte Direktorin der Ostpreußischen Mädchengewerbeschule ist am 21. Juli 80 Jahre alt —nein! jung und lebendig. Wie früher ist sie noch gern zu allem bereit, was den Gesichtskreis erweitert und ihrerNaturverehrung neue Impulse vermittelt, ergreift jede Äußerung intensiven Lebens mit jugendlicher Begeisterung.Ehemalige Kolleginnen und Schülerinnen fühlen sich auch heute noch geistig und seelisch aktiviert durch die Ausstrahlungihrer Persönlichkeit, die weitgehend geformt war durch das große Interesse für natürliche Zusammenhänge, durch Liebezur Natur und durch eine bewundernswerte Energie. Auf der Hauswirtschaftsschule ihrer Tanten Doennig erhielt G. B. ihreerste Ausbildung und wurde 1935 zur Direktorin der inzwischen staatlich anerkannten Ostpreußischen Mädchengewerbeschuleernannt. Ihre pädagogische Begeisterung fand Widerhall bei Lehrenden und Lernenden. So ist es kein Wunder, daß an denTreffen des alten Kollegiums auch frühere Schülerinnen gern teilnehmen. G. B. steht mit ihrer Heimatliebe immer imMittelpunkt. Am 22. Januar 1945 fand die von den Schwestern Doennig begründete erfolgreiche Arbeit an der weiblichenJugend ein Ende: Die Nichte Gertrud Brostowski trafdas Schicksal, die Schule auflösen zu müssen. Was es sie gekostethat, wußte wohl nur ihre langjährige Mitarbeiterin und Freundin, mit der sie ihr schönes Heim in Kassel teilte, bis derTod diese Harmonie zerstörte. Seitdem lebt Frau Brostowskiallein, tätig, helfend und in schönem Kontakt mit denehmaligen Kolleginnen und Schülerinnen, die zu besuchen sie keine Entfernung scheut. Möge ihr die Kraft, sich selbst undanderen damit Freude zu bereiten, noch lange erhalten bleiben — ebenso die bewundernswerte Energie, die sie aufwendetbei der Versendung der zahllosen Pakete nach drüben. Der Name Gertrud Brostowski schließt in sich alle Vorstellungen vonfleißiger, verantwortungsbewußter und freudiger Erziehungsarbeit und erweckt in uns früheren Mitarbeiterinnen undSchülerinnen die Erinnerung an eine reiche und schöne Zeit. Wir grüßen die Jubilarin dankbar und mit guten Wünschen zumEintritt in ihr neuntes Lebensjahrzehnt.
Charlotte Liedtke
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